maximalfantasie

Februar 04, 2006

Nationalcharakter

Taxoplasma gondii, ein weltweit verbreiteter einzelliger "Parasit" kann zwar nur in Katzen Oozysten [= infektioese Dauerstadien] bilden, ist jedoch bei anderen Wirten [wie etwa bei Ratten] besonders einfallsreich, indem es das Verhalten des Wirtstieres manipuliert, etwa in der Form, dass Ratten den Geruch von Katzen ploetzlich nicht mehr so abschreckend finden. Damit kann T.g. offensichtlich die Wahrscheinlichkeit zur Vollendung eines Zyklus [bis der Einzeller schliesslich wieder bei der Katze landet] erhoehen.

Infektionsrate: Taxoplasma gondii ist beim Menschen weit verbreitet, es gibt Studien, die für Frankreich eine Rate von 80% nennen, für die Schweiz werden 46% fuer Frauen im gebaehrfaehigen Alter angenommen [B. GOTTSTEIN, Inst. f. Parasitologie d. Univ. Bern].

Infektion beim Menschen: Erstinfektionen waehrend der Schwangerschaft koennen zu schweren Schaedigungen oder zum Tod des Ungeborenen fuehren; bei Menschen mit funktionierendem Immunsystem loest Toxoplasma nur selten meist leichte Krankheitssymptome aus, allerdings werden fast immer Zysten im Gehirn des Menschen gebildet. Moeglich, dass T. g. auch das menschliche Gehirn zu manipulieren sucht.

Joroslav FLEGR [Karls-Univ. Prag] will als Folge einer "nicht-spezifischen Reaktion auf die Infektion" (Charakter-)Unterschiede bei Taxoplasma-Infizierten gefunden haben: Infizierte Frauen seien warmherziger und willensstaerker als nichtinfizierte Frauen, infizierte Maenner seien hingegen reservierter, kritischer, eifersuechtiger und haetten die Tendenz Regeln zu missachten. Infizierte beiderlei Geschlechts seien zudem weniger an neuem interessiert, wie uebrigens auch infizierte Maeuse im Versuch.
Kevin LAFFERTY [United States Geological Survey] spekuliert in einem Essay, ob diese Ergebnisse in Anbetracht der von Land zu Land stark schwankenden Infektionsraten nicht fuer Unterschiede der "Nationalcharaktere" mit-verantwortlich gemacht werden koennen.

Vorsichtig sollte man auch mit Ergebnissen sein, die T. g. in einen Zusammenhang mit Schizophrenie bringen: Joanne WEBSTER [Imperial College, London] konnte zwar infizierte Maeuse sowohl mit antipsychotischen Mitteln [zB Halperidol], als auch mit antiparasitaeren Mitteln derart behandeln, dass sie jeweils ihre natuerliche Scheu vor Katzen wiedererlangten, ein Beiweis dafuer, dass Taxoplasma im Zusammenhang mit Schizophrenie stehen koennte, ist damit aber auch noch nicht erbracht.

Quelle: NZZ vom 1.2.2006, S 29, gez. kus.